Der Pembroke – ein Rasseportrait

Wer einen Corgi sein Eigen nennt, dem ist Aufmerksamkeit sicher (die meisten vermuten einen Fuchs oder eine originelle Mischung aus Schäferhund und Dackel). Antwortet man dann korrekt mit „Welsh Corgi Pembroke“, ist ein häufiger Kommentar: Sind das nicht die Hunde der Queen? – Stimmt!

Corgis stammen ursprünglich aus Wales dort bedeutet „Corgi“ im Walisischen soviel wie „kleiner (niedriger) Hund“.

Und „Pembroke“ bezeichnet die Grafschaft im Südwesten, im Unterschied zur Grafschaft Cardigan etwas nördlich, nach der die andere Corgi-Rasse benannt ist.

Wie bei vielen Rassen kann man auch bei den Pembrokes über ihre frühen Anfänge nur spekulieren. Auffallend ist die Ähnlichkeit des Pembrokes mit dem Västgötaspets (Swedish Vallhund) und dem Lundehund, die mit den Wikingern auf die britischen Inseln kamen.

Der Bauernhund

Über Jahrhunderte hinweg waren die Corgis unersetzliche Bauernhunde. Von jeher wurden die Pembrokes nur beim Großvieh eingesetzt: sie brachten Rinder und Ponies auf die weitläufigen, nicht eingezäunten Weiden und wieder zurück und trieben sie bei Bedarf auch über die Berge zu den Viehmärkten bis nach England. Außerdem hielten sie auf dem Hof Nager und Raubzeug kurz, meldeten Besucher und spielten auch mit den Kindern. Als in Wales nahezu komplett von Rinderzucht auf Schafhaltung umgestellt wurde, Viehherden mit der Eisenbahn transportiert wurden und schließlich 1933 der erste Corgi bei den Royals einzog, endete die Ära der Bauernhunde. Heute muß man schon wissen, wo ein Züchter wohnt, um in Wales einen Corgi zu Gesicht zu bekommen (oder man muß ihn selber mitbringen und wird dann permanent darauf angesprochen).

Als Treibhund musste der Corgi klein und flink sein, um schnell eine Kuh in die Ferse zu kneifen und unter dem abwehrenden Tritt wendig abzutauchen. Diese Eigenart hat ihnen in den 50er Jahren den Ruf des „Hackenzwickers“ eingebracht. Davon ist heute jedoch nichts mehr zu bemerken, höchstens ein sanfter Stupser mit der Schnauze in die Wade. Geblieben ist den Corgis aus dieser Zeit aber die stets hellwache Aufmerksamkeit, ihr blitzschnelles Reaktionsvermögen, ihr Selbstbewusstsein und ihre Furchtlosigkeit, aber auch ihre robuste Gesundheit und Wetterfestigkeit. Der Jagdtrieb ist wenig ausgeprägt.

Rasse Welsh Corgi

Seit 1925 wurden Pembroke und Cardigan gemeinsam als „Welsh Corgi“ vom Kennel Club anerkannt, nach vielen Streitereien der Lager erfolgte 1934 endlich die offizielle Anerkennung als getrennte Rassen. Mit Beginn der Show-Karriere änderte sich allmählich das Erscheinungsbild. Aus den eher hochläufigen, einem Jack Russell Terrier nicht unähnlichen Hunden wurden tiefgestellte, kompakte Hunde mit pfiffigen Fuchsgesichtern. Leider gibt es auch dabei teilweise Übertreibungen, wenn ein hochprämierter Champion kaum noch Bodenfreiheit hat oder mit großen Kulleraugen zuckersüß in die Welt schaut. Da der Corgi keinen praktischen Gebrauchswert mehr haben muß, kann man sich auf Äußerlichkeiten beschränken – leider!

Die pfiffigen, intelligenten und freundlichen Hunde haben sich als liebenswerte und humorvolle Familienhunde einen Freundeskreis geschaffen. Als ehemalige Arbeitshunde möchten Corgis ernstgenommen werden, wollen eine Aufgabe haben und brauchen konsequente Erziehung.

Der Manager

Bei einer schwachen Führung wird ein Corgi allerdings seine Managerqualitäten entfalten und seine „Herde“ zu führen wissen! Man sollte sie keinesfalls als „Schoß- und Sofahunde“ unterschätzen, denn trotz der kurzen Beine halten Corgis bei (fast) allen Unternehmungen mit. Gerne lernen sie zu apportieren, auch Schwimmen lieben viele Pembrokes. In den Bergen sind sie erstaunlich geländegängig und geschickt, bei entsprechendem Training sind auch Tagestouren kein Problem. Als Begleiter am Fahrrad bzw. Pferd oder beim Joggen eignen sie sich weniger, damit wären sie dann doch auf Dauer überlastet. Und mit ihrem stämmigen Körperbau sind auch schlanke Corgis definitiv schwerer als 5 Kilo und dürfen daher bei Flugreisen nicht im Passagierraum mitreisen.

Pembrokes gibt es heute in allen Schattierungen von semmelblond bis tiefrot mit mehr oder weniger ausgeprägten weißen Abzeichen oder in tricolour, selten auch in sable.

Die Besonderheiten

Das war der ernsthafte Teil der Rassebeschreibung. Sie wäre nicht vollständig ohne den Hinweis auf einige Besonderheiten der Corgis.

  1. Der Haarwechsel: er ist nicht zu unterschätzen und zieht sich über Wochen hin. Im Frühjahr sind die Gartenvögel dankbar über die Wolle zum Nestbau. Manchmal raffen sie soviel Wolle im Schnabel zusammen, dass sie nicht mehr fliegen können. Für die Hausarbeit empfiehlt sich ein richtig guter Staubsauger. Man kann die Teppiche auch im ersten Durchgang mit einem Schrubber abbürsten. Für die Fellpflege am Hund eignen sich Kämme mit unterschiedlich langen Zinken, Zupfbürsten und Gummistriegel. Das Bürsten erfolgt sinnvollerweise im Freien bei Gegenwind.

  2. Das Wälzen bzw. die Rückenlage: Ich glaube, eigentlich heißt die Rasse „Wälz Corgi“. Corgis wälzen sich mit Leidenschaft in nassem Gras, trockenem Gras, Heidekraut, Sand, Schotter, auf Asphalt, Perserteppichen, toten Käfern oder Regenwurmspucke. Bei Gruppenhaltung stehen sie oft regelrecht Schlange um eine bewälzenswerte Stelle. Zumindest unsere Hunde neigen aber zum Glück nicht dazu, sich in Gülle oder Mist zu wälzen. Auch zum Schlafen nehmen Corgis gerne die Rückenlage ein und fläzen sich auf weichen Kissen. Und gerne wird diese Haltung eingenommen, um Streicheleinheiten zu ergattern.

  3. Das Jodeln: Ich weiß nicht, ob alle Pembrokes jodeln, jedenfalls haben alle unsere Pembrokes gejodelt. Das beginnt beim Morgenruf, wenn man sich aus dem Bett erhebt und mit einer Art Krähen begrüßt wird. Wenn`s mal wieder zu lange dauert, bis es losgeht zum Spaziergang oder wenn nach einer Stunde endlich der Telefonhörer aufgelegt wird, wenn das Futter mit letzten Zutaten verziert wird – dann jodeln Corgis laut und melodiös.

  4. Die Geräuschkulisse beim Spielen: Wir haben unsere Hundehalterkarriere mit Großhunden begonnen. Wenn unsere Hovawarte beim Spielen solche Laute von sich gegeben hätten, wäre ich mit dem Feuerlöscher dazwischengegangen. Für einen Corgi ist es völlig normal, zu grollen, knurren, geifern und gurgeln, während er in aller Freundschaft mit einem vertrauten Hundekumpel kabbelt. Interessanterweise verstehen auch die meisten anderen Hunde, daß es nicht ernst gemeint ist.

  5. Die Verfressenheit: Corgis haben immer Hunger. Angesichts ihres Normalgewichts ist ein Kilo zuviel soviel wie 5 -8 Kilo zuviel bei seinem Menschen. Und angesichts des angemessenen Futters sollte man sich mit Zwischenmahlzeiten und Leckerlies zurückhalten oder sie auf die Mahlzeiten anrechnen. Es tut mir in der Seele weh, wie viele Corgis mit Schwarte durch`s Leben watscheln. Oft sind sie trotzdem noch flott unterwegs, aber gesund ist es nicht.

  6. Das Beobachten: Corgis (zumindest unsere) kapieren, was ein Spiegel ist. Sie sitzen davor und beobachten, was hinter ihrem Rücken passiert und nutzen den Spiegel ganz gezielt für ihre Zwecke. Sie beobachten auch gerne gut verborgen ihre Umgebung. Bevor Sie Ihren Corgi als vermisst melden und das THW alarmieren, gucken Sie erstmal gründlich unter allen Möbeln, im Wäschekorb, unter der Garderobe…und auch direkt hinter Ihren Füßen. Dabei muß man fix sein, denn der Corgi dreht sich gerne mit. Sein Motto: Alles im Blick!

  7. Der Größenwahn: Corgis sehen sich absolut nicht als „Fußhupen“, sondern fühlen sich eher wie King Rotz. Um ihrer eigenen Sicherheit willen sollte man sie beizeiten behutsam darauf hinweisen, dass wahre Größe in Zurückhaltung besteht. Gegenüber großen Hunden verschaffen sich unsere Corgis schnell Respekt, indem sie dem heranrasenden Hund keinen Millimeter ausweichen und neugierigen Nasen mal kurz das Elfenbein zeigen (dabei klacken die Zähne haarscharf vor der Nase zusammen). Im Umgang mit ihren Menschen erobern Corgis gerne Privilegien und Führungspositionen, wenn man ihnen nichts entgegensetzt. Bewusst respektlose Kinder bekommen einen Schnellkurs in Sachen Benimm und Wahrung der Hundewürde.

  8. Der Rassismus: Ja, leider darf man diesen Punkt nicht verschweigen. Corgis bevorzugen die Gesellschaft anderer Corgis, wobei immerhin Pembrokes und Cardigans ziemlich vorurteilsfrei miteinander verkehren. Aber ein Corgi kann nur mit einem Corgi „seine“ Spiele spielen, also mit „äch-äch-äch“ im Zickzack durch die Gegend rasen oder sich mit den Nasen knuffen und „Elektrotänze“ aufführen. Andere Hunde sind zu blöd für so was und haben nicht denselben Humor. Das verführt viele Halter zur Anschaffung eines Zweitcorgis. Bevor man in die Rudelhaltung einsteigt, sollte man allerdings sorgfältig prüfen, wie vielen Hunden man tatsächlich gerecht werden kann. Schnell wird aus einem Rudel ein ungezogener Haufen, der die Nachbarn sich selbst überlassen mit Kläffen tyrannisiert und mit dem man sich nicht mehr in die Öffentlichkeit wagt. Man sollte auch nicht die Rivalitäten im Rudel unterschätzen. Es macht keinen Spaß, Hunde getrennt halten zu müssen, weil man voreilig eine explosive Mischung zusammengesammelt hat!

Almut Rosenfelder


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